Durch den Tod der Ärztin Lisa-Maria Kellermayr, die unzählige Morddrohungen erhalten hatte, ist das Thema Hass im Netz stärker in den öffentlichen Fokus gerückt. Was bringt es Menschen, andere derart zu verletzen?
In vielen Fällen weiß man nur wenig über die Täterinnen und Täter, weil sie auch oft nicht ausgeforscht werden. Ich vermute, dass es verschiedene Motive gibt. So kann es sich um Personen handeln, die einfach furchtbare Zeitgenossen sind und niedere Impulse wie Sadismus online ausleben wollen. Es können aber auch Menschen sein, die in ihrer Weltanschauung extrem geworden sind und Hasskommentare quasi als gerechte Strafe für ihre Opfer ansehen.
In manchen Gruppen heizt sich die Stimmung besonders auf, weil die Mitglieder zum Beispiel glauben, dass die Impfung alle umbringt oder sie wegen geflüchteter Menschen ihren Wohlstand verlieren. Die Gefahr dabei ist, dass man, wenn man sich bedroht fühlt, aggressive oder gehässige Kommentare nicht als Gewalt wahrnimmt, sondern als adäquate Reaktion, als eine Form der Verteidigung.
Und wie können Betroffene sich konkret wehren?
Da gibt es nicht die eine Wunderwaffe, aber ich kann zumindest ein paar Tipps geben. Erstens empfehle ich jeder und jedem, darauf zu achten, online die Privatsphäre zu schützen: Indem man zum Beispiel nicht leicht erkennbar macht, wo man wohnt, und keine Dinge preisgibt, die Leute, die einen anfeinden, besser nicht lesen sollten. Zweitens gibt es hilfreiche Einrichtungen: ZARA hat etwa eine Meldestelle gegen Hass im Netz, wo man von Juristinnen und Juristen beraten wird. Es gibt aber auch die App BanHate des Landes Steiermark, über die man solche Dinge melden kann.
Drittens ist es wichtig, nicht allein zu sein. Denn egal wie selbstsicher man ist, wenn man 100 Mal liest, wie furchtbar man sei, oder dass man sterben soll, kann das einen fertigmachen. Deshalb sollte man sich rasch an Familie, Freundinnen und Freunde oder Bekannte wenden, die einen darin bestätigen können, dass das, was man gerade erlebt, nicht in Ordnung ist.
Und da können wir alle ein Korrektiv sein, indem wir Betroffenen zeigen, dass sie nicht allein sind und wir hinter ihnen stehen.